Ich habe immer von mir behauptet, ich neigte nicht zu Suchtverhalten. Das kam besonders gut, wenn ich den Webmaster zum Rauchen gescholten habe. Aber nun gilt das nicht mehr. Zwar interessieren mich die üblichen Suchtmittel nach wie vor nicht, aber ich habe eines gefunden, das auf mich wirkt wie Baldrian auf Katzen: Der 8. Doctor. Nun steht der 8. Doctor bei Zuschauern meist nicht sehr hoch im Kurs. Zum einen liegt das am recht begrenzten Œuvre (ein Fernsehfilm von nicht einmal anderthalb Stunden). Zum anderen bekommt der Film wenig gute Kritiken der Fans. Der Webmaster nennt The Enemy Within immer Thomas Gottschalk jagt den Terminator, was ich echt böse finde. Aber ganz unrecht hat sie ja nicht. Der Master ist albern, und die gruselige Perücke des Doctors geht gar nicht.
Aber dann habe ich mehr aus Zufall die Hörspiele entdeckt. Das ist noch keine drei Monate her, aber ich habe inzwischen fast alle Geschichten vom 8. Doctor mit Companion Charley gekauft (mit Companion Lucy tue ich mich zurzeit noch etwas schwer - aber das kommt schon noch). Und abgesehen davon, dass mich der Doctor echt porös macht, habe ich schon viel gelernt, über Gallifrey, über Rassilon und über Romana. Es ist toll, wenn man seine Süchte einfach zum Bildungsprogramm erklären kann.
Ich glaube - nein, ich weiß, dass viele Menschen meine Begeisterung teilen. Sogar der Webmaster hat angefangen Hörbücher zu hören. Wer aber einen Anreiz braucht oder einen Vorgeschmack möchte (oder einfach nur beglückt Squee! machen will), klicke auf Zagreus (mp3, 385 KB) . Übrigens habe ich extra ein Stückchen ausgesucht, in dem der Doctor böse ist. Das finde ich noch schicker ...
Und für die eher visuell Begabten unter uns: der 8. Doctor Paul McGann ohne die doofe Perücke
Das Musical lebt! Diese Erkenntnis ist momentan en vogue, bei den Oscars, bei Mariakäfer und sogar auf der Berlinale gab es Ansätze. Was ich dieses Jahr (außer Ralph Fiennes und Clive Owen in echt) am dringendsten auf der Berlinale sehen wollte, aber leider mangels Karten (und im Gegensatz zu Ralph Fiennes und Clive Owen in echt) verpasst habe, war The Sound of Music, zu gut Deutsch Meine Lieder meine Träume. Dieses wunderbare Musical mit der von mir zutiefst verehrten Julie Andrews habe ich als Kind zum ersten mal gesehen, und es hat mich nie mehr losgelassen.
Eigentlich klingt es gar nicht mal gut: Berge, Nazis, die Trapp-Familie. Doch wie die Trapp-Familie in den Bergen gegen die Nazis ansingt, ist einfach bezaubernd.
Na gut, hier singen sie nur gegen das Gewitter, aber trotzdem ist My Favourite Things mein absolutes Highlight. Kein anderes der wunderbaren Lieder singe ich lieber ...
Vom Berlinale-Blues noch nicht wieder genesen, machen wir uns durch die Berliner Schneewüste auf, das Land der Inder mit der Seele suchend. Wenn uns noch irgend etwas helfen kann, dann das Lächeln von Shah Rukh Khan.
Nur leider gibt es in Billu Barber nicht so furchbar viele Szenen, in denen er lächeln darf. Und Billu Barber insgesamt ist einfach kein sehr guter Film: zu viele Klischees, zu viel Heilsbringer-Gedöns und unheimlich viel unfreiwillige Komik.
Aber - das muss man schon sagen - das Lächeln hilft!
Zehn Tage bestand die Welt nur aus Filmen, roten Taschen und zerfledderten Programmen.
Und ja, ich konnte diesen Plan bis zum Schluss entziffern, und er hat mich nie in die Irre geleitet.
Nun sind die 59. Internationalen Filmfestspiele Berlin vorbei, und der Webmaster und ich haben den Post-Berlinale-Blues: Filmentzug, Skorbut und Winterdepression (Schnee, echter, kalter Schnee, in rauen Mengen! Yuk!) – oh weh!
Und doch gibt es Hoffnung, denn nächstes Jahr im Februar geht es von vorn los.
Geschrieben hab ich ja schon, dass ich auf der Pressekonferenz zu The Reader war. granny smith war ebenso begeistert wie ich, als wir beide dort saßen, aber weniger paralysiert, so dass sie sogar Fotos machen konnte. Deshalb hier der Beweis (mit freundlicher Genehmigung von Frau smith):
Ja, wir saßen wirklich so nah dran, wie man hier vermuten kann!
Der Webmaster guckt: Tilda Swinton "In the Limelight" (Berlinale Talent Campus)
Nachdem ich, Dank dem verunglücktem Versuch mir eine 2 1/2 stündige Doku über den Neoliberalismus anzusehen (ja, ich weiß, das grenzt schon fast an Masochismus ...), den halben Tag ziemlich vergnügt mit mir und Wolf Haas im Talent Campus verbracht habe, wundert es nun niemanden mehr, dass ich dort einen ziemlich guten Platz für die folgende Veranstaltung ergattern konnte. Und nicht nur mein Platz war toll, die gesamte folgende Stunde war es auch. Das die Scheinwerfer ihren Geist aufgaben, und Tilda Swinton auf die Bühne kam, und das Publikum ins Dunkle und sie zurückguckte, war ein gutes Indiz für meinen Zustand während der Veranstaltung. Ich hätte dieser Frau stundenlang zuhören und zusehen können.
Natürlich bin ich danach nur aus rein journalistischem Pflichtgefühl zum Bühnenausgang:
Der Textdoctor guckt: I Know You Know von Justin Kerrigan (Generation 14plus)
Was tun, wenn du elf Jahre alt bist und dein Vater ist James Bond? Oder noch schlimmer: Wenn er nicht James Bond ist, es aber glaubt? Wieder einer dieser tollen Kinderfilme, die Spaß machen, gut gemacht sind und mit Robert Carlyle super besetzt.
Der Textdoctor guckt: Winterstilte von Sonja Wyss (Forum)
Ich weiß, es gibt Menschen, die mögen Berge und fahren sogar freiwillig in Urlaub da hin. Zwar will ich niemandem zu nahe treten, aber ich finde Berge absolut gruselig, brutal und böse. Und der schöne Film Winterstilte hat mich in dieser Überzeug nur bestärkt. Menschlichkeit gibt es in dieser schroffen Wüste aus Felsen und Schnee nicht, Kommunikation auch nicht. Wenn man Glück hat, wie die vier Schwestern im Film, geht der Spuk irgendwann vorüber und man entkommt aus den Bergen. Leben ist dort jedenfalls nicht möglich.
Der Textdoctor guckt: Un chat un chat von Sophie Fillières (Forum)
Wieder so ein Film, von dem ich dachte, er wird anstrengend. Obwohl in alter französischer Tradition viel geschwafelt wurde, war er doch insgesamt heiter und unterhaltsam. Und das hadern mit dem Writer's block ist allemal spannender als das Schreiben - zumindest für das Publikum.
Der Textdoctor guckt: Man tänker sitt von Fredrik Wenzel und Henrik Hellström (Forum)
Eigentlich gucke ich ganz gern skandinavische Filme. Nur wird mir seit der Erfindung der Dogma-Regeln davon des öfteren schlecht. Ich kann Handkameras nicht leiden, mir - aber wie ich von einigen anderen Zuschauern vorhin mitbekommen habe, nicht nur mir - wird davon schlicht übel. Nun bin ich zwar eine Memme mit wackligem Magen, aber die Frage bleibt: Wozu dieses Geschüttel?
Der Textdoctor guckt: Pink Panther 2 von Harald Zwart (Wettbewerb)
Manchmal schäme ich mich sehr. Nicht, weil ich dank meiner hanseatischen Gene keinen Humor habe, damit kann ich leben. Sondern weil mir einige Dinge wider besseres Wissen nicht zu blöd sind, um hinzugehen. Ich habe in einer Pressevorführung, also mit über 1000 Journalisten und anderen akkreditierten Festivalbesuchern, Pink Panther 2 gesehen. Schockiert war ich, wie sehr sich dieses vermeintlich kritisch-intellektuelle Publikum amüsiert hat. Torten in Gesichtern gehörten eher noch zu den subtileren Momenten der Komik. Warum ich trotzdem da war? Aishwarya Rai Bachchan.
Viele Fans bedauern die Abwesenheit jeglicher indischer Spielfilme oder gar Bollywood-Kracher in diesem Jahr. Oft und gern, aber wehmütig erinnern der Webmaster und ich uns an Shah Rukhs großartige Auftritte im vergangenen Jahr. Und dieses Jahr ist also Aish die einzige Chance auf einen Hauch von Bollywood. Eigentlich mag ich Aish gar nicht besonders, aber im Film wie auch in der anschließenden Pressekonferenz war sie eindeutig das Highlight. Trotzdem lässt mich der Nachmittag ratlos zurück: Warum tun sich das so viele tolle Schauspieler an (Jean Reno, Andy Garcia, Alfred Molina, Jeremy Irons, Johnny Halliday)? Und warum tut die Berlinale uns das an - und auch noch im Wettbewerb?
Der Textdoctor guckt: Empire Of Silver von Christina Yao (Berlinale Special)
Wie heißt es so treffend: History is moving in circles. Bankenkrise gab es auch schon vor hundert Jahren in China. Weil man aber auch Krisen ja mal was Positives abgewinnen muss, macht man am besten ein großes Historienepos daraus und besetzt die Hauptrolle mit dem schwer attraktiven Aaron Kwok. Und endlich kam auch vor der Tür mal richtig Stimmung auf. Wie meine amerikanische Sitznachbarin völlig entgeistert bemerkte: There is a huge crowd of young Chninese girls out there - all going absolutely mental!
Der Webmaster guckt: Nord von Rune Denstad Langlo (Panorama Special)
Ja! Endlich mal etwas, was einem nicht das Blut in den Adern gefrieren lässt, das keinen Ekel hervorruft (na, ok, höchstens vielleicht die Tamponszene bei ganz sensiblen Gemütern), etwas wo die Moral zwar neben einem sitzen, aber endlich auch in Ruhe einen Film gucken kann.
Dieser Film ist nicht grundlos komisch: Er hat eine Botschaft, einen Sinn, eine Handlung, schwarzen Humor - Herz, was willst Du mehr!
Der Webmaster guckt: Hilde von Kai Wessel (Berlinale Special Gala)
War Hildegard Knef Heike Makatsch?
Das war unterirdisch. Der Film hatte tolle Bilder - die Szenen in Hollywood sahen aus, wie einem Foto von Stefanie Schneider entsprungen, aber die Schauspieler haben den Film leider verspielt. Der Zuschauer merkt doch, wenn die Figur auf der Leinwand versucht jemanden darzustellen, nur leider sich selbst und die eigene Wirkung nicht vergessen kann. Mich hat die gute Hilde (beziehungsweise die gute Heike) irgendwann völlig genervt - und einen Roger Cicero, oh bitte, wenigstens das hätte man dem Zuschauer ersparen können ...
Der Webmaster guckt: Jangryesigeui member von Baek Seung-Bin (Forum)
Es gibt bestimmt Filme, die sind gut, vielleicht sogar sehr gut, sie haben nur einen Haken: Sie gefallen einem nicht. Ich weiß nicht, was ich da gerade gesehen habe - es war immerhin so fesselnd, dass ich nicht das Kino verlassen habe. Nach dem Abspann blieb allerdings ein flaues, ärgerliches Gefühl zurück - zum einen, weil mir den Themen nicht (beziehungsweise absolut nicht) gefallen haben und zum anderen, weil mir jegliches Verständnis für die Figuren fehlte. Vielleicht war das aber auch im Sinne des Erfinders ...
Der Textdoctor guckt: Forever Enthralled von Chen Kaige (Wettbewerb)
Offenbar bin ich ein eher visueller Mensch, ich liebe
a) opulente Ausstattungs- und Kostümdramen
b) schöne Chinesen
c) Opern, auch Chinesische
Das war schon sehr genau nach meinem Geschmack, wenngleich - oh weh, früher war eben doch alles besser - Forever Enthralled nicht ganz an Lebwohl, meine Konkubine heran reicht.
Der Textdoctor guckt: Chéri von Stephen Frears (Wettbewerb)
... und im Gegensatz zum Webmaster sogar bis zu Ende!
Der Film war nett, wenngleich nicht großartig. Eine für mich neue Entdeckung gab es aber: Rupert Friend. Den kannte ich vorher nicht, aber nun würde ich ihn gern zum Schnuffel des Tages küren, wenn nicht gar zum Schnuffel des Festivals. Mir fällt gerade auf, dass das ein echter Misstand ist, dass es diesen Preis neben all den Bären, Teddys etc. nicht gibt ...
Der Textdoctor guckt: Miao Miao von Cheng Hsiao-Tse (Generation 14plus)
Puh, da bin ich aber froh: Es gibt auch noch Kinderfilme, die ohne Sex und Drogen auskommen! Wunderschöne Bilder des nächtlichen Taipei, zwei erfrischende Hauptdarstellerinnen und die typischen, globalen Teenie-Probleme - das reicht absolut für einen guten Film.
Der Textdoctor guckt: Treeless Mountain von So Yong Kim (Forum)
Ein Film über zwei kleine Mädchen, die niemand will und die sich daraufhin im zarten Alter von drei und sechs Jahren allein in ihrem Auschnitt der Welt zurechtfinden müssen. Kann das wirklich ein guter Film sein? Einer den ich gucken will? Kinder, soziales Elend und all das? Ja, ja und ja. Ein Film, der einen rundum glücklich machen kann!
Der Textdoctor guckt: My Dear Enemy von Lee Yoon-Ki (Forum)
Es gibt Filme, die sind ebenso schön wie unspektakulär. Die erzählten Leben sind nicht bedeutend, die Charaktere nicht übermenschlich und heldenhaft. Überraschend ist allenfalls, dass Soul im Winter genauso - und genauso unattraktiv - aussieht wie Berlin im Winter. Ganz klein, ganz fein und sicher einer der schönsten Filme dieses Jahr.
Der Textdoctor guckt: An Englishman in New York von Richard Laxton (Panorama Special)
Ja, manchmal kommt er rüber wie ein Aushilfs-Oscar-Wilde für Arme und manchmal schlicht zu tuntig, aber die Lebensgeschichte von Quentin Crisp verdient großen Respekt. Wie hieß es mal so schön an anderer Stelle: Style is never a burden for a man of good taste.
Der Webmaster guckt: Chéri von Stephen Frears (Wettbewerb)
... und bekommt sein Geld zurück.
Manche Tage fangen an, wie sie enden. Nachdem ich morgens vor einen Schneepflug geraten bin und meine rechte Seite aussah, als hätte sie ohne mich vor dem Kino geschlafen, der Projektor des Cinestars einen vorübergehenden Ausfall hatte, mein Gesicht kurz Bekanntschaft mit der Lehne, mit der Holz(!)lehne, meines Vordermanns gemacht hat, hatte das ganze Spektakel seinen Höhepunkt um kurz vor 12 (ja, wie sollte es anders sein!) mit dem Totalausfall des Projektors im Friedrichstadtpalast. Leider habe ich von Chéri nur ca. 40 Minuten gesehen, und dabei war Rupert Friend kurz davor Leon Lai den Titel "Man of Wednesday" abzulaufen...
Der Webmaster guckt: An Education von Lone Scherfig (Berlinale Special Gala)
Lieber Herr Hornby, haben Sie das große Fragezeichen gesehen, was in Block C, 3. Reihe über einem der Köpfe schwebte? Und haben Sie gehört, wie ich mit den Füssen gescharrt habe, weil es mich fast nicht im Sitz gehalten hat? Es tut mir sehr leid, ich habe Ihre Botschaft nicht verstanden. Sollten Sie das lesen und das Bedürnis haben, mich zu erhellen, wäre ich Ihnen sehr verbunden. Mit freundlichen Grüßen, der Webmaster
PS: Verzeihung, ich konnte mein Gehirn nicht, wie versprochen, in der Tasche lassen.
Der Webmaster guckt: An Englishman in New York von Richard Laxton (Panorama Special)
Nachdem ich gerade einen chinesischen, eposartigen Film mit Bildern "wie mit dem Zirkel abgestochen" (so Spiegel.de) und einem Mann wie Leon Lai gesehen habe, war das irgendwie eine kalte Dusche. Nichts gegen Quentin Crisp und diese Story, aber irgendwie fand ich das Filmergebnis dann doch eher dröge. John Hurt hat mir gut gefallen, aber irgendwann ging er mir doch ein bißchen auf den Zeiger. Das kann auch daran liegen, dass ich es befremdlich finde, wenn jemand Talkshow-Runden veranstaltet, in denen er seine Lebensweisheiten an seine ihm an den Lippen hängenden Zuschauer verteilt. Da rebelliert in mir irgendwas ...
Der Webmaster guckt: Forever Enthralled von Chen Kaige (Wettbewerb)
... und ist von Leon Lai absolut hingerissen. Was für ein schöner Mann!
Der Film hatte zwar seine Längen, war aber - mal abgesehen von der fast unzumutbaren Enge des Friedrichstadtpalastes, für die Chen Kaige ja nichts kann - eigentlich ein guter Film.
Apropos Friedrichstadtpalast: Der ist wirklich so eng, dass man, wenn man etwas aus der Tasche zu seinen Füßen holen möchte, sich ohne Probleme die Stirn einschlagen könnte. Ich habe es getestet - es klappt wirklich. Ob ich jetzt die Berlinale verklagen kann?!
Der Webmaster guckt: London River von Rachid Bouchareb (Wettbewerb)
Betroffenheit, Hilflosigkeit, Ratlosigkeit.
Als Zuschauer hat man bei manchen Filmen das Bedürfnis durch die Leinwand zu steigen, dabei und hilfreich zu sein. Aber selbst wenn das möglich wäre, hätte ich mich genauso hilflos gefühlt, wie in meinem Kinosessel. Man kann nichts tun. Bei diesem Film hatte ich das gleiche Gefühl, wie die Figuren im Geschehen: absolute Ratlosigkeit. Es gab nichts, woran ich als Zuschauer meine Hoffnungen hätte hängen können, keinen Schimmer, keinen Hinweis, keine Möglichkeit durch eigenes Zutun irgendetwas an der Situation zu ändern. Sonst kann ich mich leicht an sowas halten - Zwiegespräche mit der Hauptfigur: Hättest Du mal, warum nicht anders etc. Diese gemütliche Altklugheit, die einen wohlig überlegen zurücklehnen lässt. Anders hier.
Der Webmaster guckt: Hayat var von Reha Erdem (Forum)
Istanbul, Sonne, Meer, Schiffe, tolle Bilder. Und den Rest möchte man, wenn man ehrlich ist, lieber gar nicht wissen. Aber ich weiß die Augen zu verschließen, ist nicht gut. Aber nicht nur aus moralischem Pflichtgefühl, sondern auch, weil mir der Film wirklich gut gefallen hat, habe ich trotz kurzzeitigen Filmausfalls mit unfreiwilliger Pause durchgehalten. Elit Iscan, die mich sehr beeindruckt hat, hat den Film quasi allein und stumm getragen mit vielen tollen, aber auch vielen schlimmen Bildern. Es gibt - soweit ich mich erinnern kann - nicht einen zusammenhängenden Dialog. Jeder spricht so wenig wie möglich und wenn einer mal was sagt, hört keiner hin. All dies vor der herrlichen Kulisse des sonnigen Bosporus.
Könnte ich jetzt bitte, bitte mal wieder was fröhliches oder wenigstens ein Happy End haben ...
Der Textdoctor guckt: Claustrophobia von Ivy Ho (Panorama)
Manche Filme sind echt langweilig. Da fragt man sich dann gern, warum die überhaupt gemacht wurden. Filme, die die Welt nicht braucht. Nicht mal besonders schlecht, nur eben nichtssagend.
Der Textdoctor guckt: Cherrybomb von Glenn Leyburn und Lisa Barros D'Sa (Generation 14plus)
Dass Teenager, sich selbst, die Welt und den Sex erforschen, ist ja nichts Neues. Dass es aber mit Sex, Drogen und Gewalt gleich so heftig zur Sache geht, war mir neu. Bei uns war das früher nicht so. Heute dagegen scheint das üblich zu sein. Die Filme mit dem meisten und explizitesten Sex waren Kinderfilme. Nun heißt das Kinderfilmfest der Berlinale schon seit ein paar Jahren nicht mehr Kinderfilmfest, sondern Generation Kplus (für die Kurzen) und Generation 14plus. Kinderfilmfest klang wohl doch zu sehr nach Bullerbü ...
Der Textdoctor guckt: The Countess von Julie Delpy (Panorama)
Französinnen, die ungarische Gräfinnen des 16. Jahrhunderts mit gefaketem amerikanischen Akzent spielen, sind nicht gerade überzeugend. Schon nicht wenn die Dialoge gut geschrieben sind, wenn sie aber so hölzern, wie in diesem Fall sind, wird so ein Film eine geradezu schmerzhafte Erfahrung. Diese - angeblich wahre - Geschichte hätte eigentlich viel Stoff für einen guten Film geboten: Da Botox noch nicht erfunden ist, salbt sich die Gräfin mit dem Blut zahlloser Jungfrauen, um für ihren jungen Geliebten knackig zu bleiben. Der junge Geliebte ist aber eh schon weg, und irgendwann werden die Bauernmägde in der Umgebung knapp ... Soweit so viel versprechend. Jetzt noch ein vernünftiges Drehbuch und Schauspieler aus aller Herren Länder, die sich aber trotzdem auf einen Akzent einigen - dann wäre es bestimmt nett geworden.
Der Textdoctor guckt: The Beast Stalker von Dante Lam (Forum)
Manchmal werde ich ganz sentimental. Und auch wenn mein altes Lieblingsgenre, der Hongkong-Polizeifilm, dazu nicht recht passen will, hat es mich doch bei Dante Lams The Beast Stalker erwischt: Obwohl der eigentlich alles hatte, was das Genre verlangt, hat er nicht sehr gut funktioniert. Jedenfalls fand ich mich danach wieder, wie ich dem Webmaster Früher-war-alles-besser-Reden entgegen nörgelte. Damals. Als auf Hongkong-Filme noch Verlass war. In den frühen 90ern. Als die Berlinale noch die Berlinale war und die Ballerfilme nach Mitternacht liefen. Früher.
Der Textdoctor guckt: Unmade Beds von Alexis Dos Santos (Generation 14plus)
Altkluges Kind, das ich mal war, habe ich mich nie für Kinderfilme oder -bücher interessiert. Aber natürlich durfte ich nicht alle Erwachsenenfilme sehen. Gewisse Themen hielten meine Eltern für nicht kindgerecht. Ist wohl auch besser so gewesen. Was heute im Kinderprogramm der Berlinale läuft, hätte mir mit 14 bestimmt die Schamesröte in die Ohren getrieben. So sah ich in Unmade Beds, wie ein Junge, der aussah wie 13, ständig in fremden Betten aufwacht und sich nicht erinnern kann, ob er mit den Bettbesitzern Sex hatte, weil er leider immer zu betrunken war. Irgendwann findet er sich dann mit einem jungen Paar, seinen Mitbewohnern, in einen Dreier wieder, was aber weder die Protagonisten des Films noch das hartgesottene Teenager-Publikum der Berlinale überrascht. Ich hatte in dem Alter definitiv andere Probleme ...
Der Textdoctor guckt: London River von Rachid Bouchareb (Wettbewerb)
Das war sicher kein Film, den ich mir normalerweise angesehen hätte. Aber auf der Berlinale sind das oft die besten. Das Thema Terrorismus finde ich zwar spannend, da ich, wie der Webmaster sagt, aber sehr oberflächlich bin, drücke ich mich ziemlich konsequent vor Problemfilmen. In diesem Fall wäre mir da aber echt etwas entgangen. Das war kein großer Film mit viel Tamtam, aber ein sehr eindringlicher. Und Brenda Blethyn war einfach toll. Auch wenn die Story über die Bombenanschläge in London 2005 natürlich sehr heftig ist, hätte ich ihr noch stundenlang zusehen können, weil das wirklich bewegend war.
Der Textdoctor guckt: The Reader von Stephen Daldry (Wettbewerb)
Ich fand den Film erstaunlich gut. Erstaunlich, weil ich das Buch nicht besonders mochte. Und einiges hat mir am Film auch nicht sehr gefallen: Längen im Mittelteil und juristische Ergießungen zum Thema Moral. Aber natürlich hat dieser Film auch große Vorzüge: Ralph Fiennes und besonders seine Stimme! Der könnte mir das Londoner Telefonbuch vorlesen und ich wäre begeistert ... hach!
Der Textdoctor guckt: About Elly von Asghar Farhadi (Wettbewerb)
Ich mag die Berlinale für die Filme, die man sonst nie im Kino sieht. Für Filme, die einem einen Ausschnitt aus einer Welt zeigen, die man sonst nie kennengelernt hätte. Da nehme ich dann auch gern ein paar Längen im Mittelteil in Kauf. Es ist ja schon auch interessant zu sehen, dass man sich auch im Iran offenbar mit den gleichen Gesellschaftsspielen amüsiert, wie bei uns. Allerdings hätte ich dafür nicht unbedingt die komplette Charade vorgespielt bekommen müssen ...
Der Textdoctor guckt: End of Love von Simon Chung (Panorama)
Manchmal habe ich einfach keine Lust mehr. Dann will ich nach Hause, ins Bett und meine Ruhe haben. Und nie wieder Filme sehen. Schon gar nicht die typischen Berlinale-Filme: nichts pseudo-sozialkritisches, nichts formal avantgardistisches. Nach einem langen Tag voller doofer Filme war es gestern so weit: der tote Punkt der Berlinale. Lasst mich doch alle in Ruhe mit euren langweiligen Filmen, euren belanglosen Storys und euren verwackelten Bildern!
Leider habe ich mir meinen Zeitplan manchmal etwas eng gestrickt. Insbesondere wenn die Kinos weit auseinander liegen und man den üblichen Kampf mit den örtlichen Verkehrsbetrieben kennt, sollte man seinen Plan großzügiger gestalten. Wenn man aber gierig nach Filmen ist oder aber die unrealistische Hoffnung pflegt, dass Teleportation innerhalb der nächsten zwei Sunden erfunden und bis zur Marktreife geführt wird, macht man einen Plan wie meinen und muss dann leider des öfteren vor Ende des Films gehen. Bisher habe ich 18 Filmanfänge gesehen, aber nur elf Enden ...
Der Textdoctor guckt: Rage von Sally Potter (Wettbewerb)
Wenn man hört, dass lauter Schauspieler, die man sehr mag, in einem Film über die Fashion Industry mitmachen, erwartet man erstmal nichts schlechtes. Zumindest aber erwartet man aber einen Film.
Judi Dench ist ja eigentlich immer toll und Jude Law in drag klingt vieleversprechend. Aber was tun, wenn nichts passiert, die Kamera stundenlang bewegungslos in Closeups auf die Gesichter der Quasi-Interviewten hält? Filme schaffen Emotion durch Motion. Und wenn sich nichts bewegt, ist man auch nicht bewegt. Für mich war das nicht mal ein Film.
Der Textdoctor guckt: Der Knochenmann von Wolfgang Murnberger (Panorama)
Abgesehen von Ralph Fiennes' blauen Augen und Clive Owens Armani-Anzug mein bisheriges Highlight. Wer die Romane von Wolf Haas kennt oder die beiden Vorgängerfilme Komm süßer Tod und Silentium gesehen hat, weiß warum. Schön, dass auf den morbiden Charme der Österreicher und ihren ekligen Humor immer noch Verlass ist!
Der Textdoctor guckt: Help Gone Mad von Boris Khlebnikov (Forum)
Ich bin wahrlich kein Experte für osteuropäisches Kino. Bei Tarkowski schlafe ich immer ein, und ansonsten habe ich den starken Verdacht, geht es immer um unattraktive Menschen mit Alkoholproblemen und Depressionen. Aus meiner Sicht gilt obige Weisheit also nicht. Aber ich weiß ja, dass das alles nur billige Vorurteile sind. Und zur Berlinale geht man ja nicht zuletzt um Neues zu sehen und seine alten Vorurteile mal kräftig durchschütteln zu lassen. Also habe ich Help Gone Mad geguckt. Und? Elend und Tristesse soweit das Auge reicht. Sind alle Russen unglücklich? Können die vielleicht wirklich nicht lächeln? Oder werden die Menscchen einfach so in einem Land, das solche Filme hervorbringt?
Der Webmaster guckt: L'encerclement von Richard Brouillette
und verlässt nach 20 Minuten das Kino.
Der Webmaster liest: Das ewige Leben von Wolf Haas
Da ich noch über zwei Stunden Zeit habe, statte ich der kleinen Buchhandlung gegenüber des nächsten Place of Action einen Besuch ab. Dabei fällt mir der Knochenmann ein und Wolf Haas, von dem ich vorher noch nie (Asche auf mein Haupt) und jetzt sehr viel gehört hab. Siehe da, ich werde fündig und nun sitze ich hier schon eine Stunde und könnte mich scheckig lachen. Da ich weiß, dass es keinen guten Eindruck macht, irgendwo rumzusitzen und die ganze Zeit in ein Buch zu lachen, reiße ich mich zusammen und freue mich anders über Brenner's Kopfschuss.
Der Webmaster guckt: The Beast Stalker von Dante Lam
Hugh Jackman ist an allem Schuld! Seit ich "Australia" gesehen habe, ist der Damm gebrochen. Ich weiß nicht, ob es an seiner Wasserszene oder an dem rührendem Film gelegen hat, jedenfalls heule ich seitdem bei jeder halbwegs anrührenden Szene im Kino wie der vielzitierte Schloßhund. Der Beast Stalker war eigentlich ganz nett, aber ganz nett sollte ein in guter alter Hongkong-Mannier daherkommender Film, glaube ich, nicht sein. Und wenn ich dem Textdoctor so zuhöre, macht mich das ganz neugierig und ich glaube, ich muss da mal ein paar ganz eigene Bildungslücken füllen: Leslie Cheung, ich komme!!!
Der Webmaster guckt:
The International von Tom Tykwer (Wettbewerb)
The Day After von Lee Suk-Gyung (Forum)
Lord JIm von Richard Brooks (Retrospektive)
The Reader von Stephen Daldry (Wettbewerb)
Gururi No Koto von Ryosuke Hashiguchi (Panorama Special)
John Rabe von Florian Gallenberger (Berlinale Special)
In den letzten 30 Stunden habe ich mich vollkommen der Berlinale hingegeben. Ich habe mit dem äußerst attraktiven Clive Owen das Guggenheim Museum zerlegt, habe mit zwei Koreanerinnen die ganze Nacht in ihrem Hotelzimmer gesoffen, bin mit dem wunderbaren Herrn Fiennes an Hanna Schmitz verzweifelt, habe zehn Jahre in Tokyo gelebt und dort eine japanische Ehe gerettet, und schließlich mit Herrn Rabe in China gelitten. Zwischen den Filmen bin ich mit all den anderen Umhängetaschen durch Berlin geflitzt, habe jemanden am roten Teppich angepöbelt und bin schließlich doch immer zur richtigen Zeit auf einem guten Platz im richtigen Kino neben netten Leuten gelandet ...
Zusammen mit den anderen Berlinale-Besuchern, die ich bei meiner Hatz von Film zu Film beobachte, kommen mir alle vor wie Mäuse, die wenn das Licht angeht eilig im Zimmer hin und her rennen, bis sie endlich wieder in die schützende Dunkelheit ihrer Mäuselöcher zurück huschen können. Ich mag die Berlinale.