Thursday, 12. February 2009

Nur der Schönheit weiht´ ich mein Leben

Der Textdoctor guckt: Forever Enthralled von Chen Kaige (Wettbewerb)

Offenbar bin ich ein eher visueller Mensch, ich liebe
a) opulente Ausstattungs- und Kostümdramen
b) schöne Chinesen
c) Opern, auch Chinesische

Das war schon sehr genau nach meinem Geschmack, wenngleich - oh weh, früher war eben doch alles besser - Forever Enthralled nicht ganz an Lebwohl, meine Konkubine heran reicht.

Schnuffel des Tages

Der Textdoctor guckt: Chéri von Stephen Frears (Wettbewerb)

... und im Gegensatz zum Webmaster sogar bis zu Ende!
Der Film war nett, wenngleich nicht großartig. Eine für mich neue Entdeckung gab es aber: Rupert Friend. Den kannte ich vorher nicht, aber nun würde ich ihn gern zum Schnuffel des Tages küren, wenn nicht gar zum Schnuffel des Festivals. Mir fällt gerade auf, dass das ein echter Misstand ist, dass es diesen Preis neben all den Bären, Teddys etc. nicht gibt ...

Jungsein in Taiwan

Der Textdoctor guckt: Miao Miao von Cheng Hsiao-Tse (Generation 14plus)

Puh, da bin ich aber froh: Es gibt auch noch Kinderfilme, die ohne Sex und Drogen auskommen! Wunderschöne Bilder des nächtlichen Taipei, zwei erfrischende Hauptdarstellerinnen und die typischen, globalen Teenie-Probleme - das reicht absolut für einen guten Film.

Kleinodien des Festivals

Der Textdoctor guckt: Treeless Mountain von So Yong Kim (Forum)

Ein Film über zwei kleine Mädchen, die niemand will und die sich daraufhin im zarten Alter von drei und sechs Jahren allein in ihrem Auschnitt der Welt zurechtfinden müssen. Kann das wirklich ein guter Film sein? Einer den ich gucken will? Kinder, soziales Elend und all das? Ja, ja und ja. Ein Film, der einen rundum glücklich machen kann!

Die Welt sieht überall gleich aus

Der Textdoctor guckt: My Dear Enemy von Lee Yoon-Ki (Forum)

Es gibt Filme, die sind ebenso schön wie unspektakulär. Die erzählten Leben sind nicht bedeutend, die Charaktere nicht übermenschlich und heldenhaft. Überraschend ist allenfalls, dass Soul im Winter genauso - und genauso unattraktiv - aussieht wie Berlin im Winter. Ganz klein, ganz fein und sicher einer der schönsten Filme dieses Jahr.

Camp in New York

Der Textdoctor guckt: An Englishman in New York von Richard Laxton (Panorama Special)

Ja, manchmal kommt er rüber wie ein Aushilfs-Oscar-Wilde für Arme und manchmal schlicht zu tuntig, aber die Lebensgeschichte von Quentin Crisp verdient großen Respekt. Wie hieß es mal so schön an anderer Stelle: Style is never a burden for a man of good taste.

?

Der Textdoctor guckt: Land of Scarecrows von Roh Gyeong-Tae (Forum)

Manche Filme verdienen keinen Kommentar.

Um kurz vor 12 geht bei Rupert Friend das Licht aus

Der Webmaster guckt: Chéri von Stephen Frears (Wettbewerb)

... und bekommt sein Geld zurück.

Manche Tage fangen an, wie sie enden. Nachdem ich morgens vor einen Schneepflug geraten bin und meine rechte Seite aussah, als hätte sie ohne mich vor dem Kino geschlafen, der Projektor des Cinestars einen vorübergehenden Ausfall hatte, mein Gesicht kurz Bekanntschaft mit der Lehne, mit der Holz(!)lehne, meines Vordermanns gemacht hat, hatte das ganze Spektakel seinen Höhepunkt um kurz vor 12 (ja, wie sollte es anders sein!) mit dem Totalausfall des Projektors im Friedrichstadtpalast. Leider habe ich von Chéri nur ca. 40 Minuten gesehen, und dabei war Rupert Friend kurz davor Leon Lai den Titel "Man of Wednesday" abzulaufen...

Eine Kollegin würde sagen: Manchmal ist komisch.

Stereotypisches Schubladendenken verkleidet als lustig hüpfendes Hihi-Oxford-Märchen

Der Webmaster guckt: An Education von Lone Scherfig (Berlinale Special Gala)

Lieber Herr Hornby, haben Sie das große Fragezeichen gesehen, was in Block C, 3. Reihe über einem der Köpfe schwebte? Und haben Sie gehört, wie ich mit den Füssen gescharrt habe, weil es mich fast nicht im Sitz gehalten hat? Es tut mir sehr leid, ich habe Ihre Botschaft nicht verstanden. Sollten Sie das lesen und das Bedürnis haben, mich zu erhellen, wäre ich Ihnen sehr verbunden. Mit freundlichen Grüßen, der Webmaster

PS: Verzeihung, ich konnte mein Gehirn nicht, wie versprochen, in der Tasche lassen.

Es rebelliert im Webmaster ...

Der Webmaster guckt: An Englishman in New York von Richard Laxton (Panorama Special)

Nachdem ich gerade einen chinesischen, eposartigen Film mit Bildern "wie mit dem Zirkel abgestochen" (so Spiegel.de) und einem Mann wie Leon Lai gesehen habe, war das irgendwie eine kalte Dusche. Nichts gegen Quentin Crisp und diese Story, aber irgendwie fand ich das Filmergebnis dann doch eher dröge. John Hurt hat mir gut gefallen, aber irgendwann ging er mir doch ein bißchen auf den Zeiger. Das kann auch daran liegen, dass ich es befremdlich finde, wenn jemand Talkshow-Runden veranstaltet, in denen er seine Lebensweisheiten an seine ihm an den Lippen hängenden Zuschauer verteilt. Da rebelliert in mir irgendwas ...

Nochmal mit einem blauen Auge davon gekommen

Der Webmaster guckt: Forever Enthralled von Chen Kaige (Wettbewerb)

... und ist von Leon Lai absolut hingerissen. Was für ein schöner Mann!
Der Film hatte zwar seine Längen, war aber - mal abgesehen von der fast unzumutbaren Enge des Friedrichstadtpalastes, für die Chen Kaige ja nichts kann - eigentlich ein guter Film.

Apropos Friedrichstadtpalast: Der ist wirklich so eng, dass man, wenn man etwas aus der Tasche zu seinen Füßen holen möchte, sich ohne Probleme die Stirn einschlagen könnte. Ich habe es getestet - es klappt wirklich. Ob ich jetzt die Berlinale verklagen kann?!

Nachdenklich ...

Der Webmaster guckt: London River von Rachid Bouchareb (Wettbewerb)

Betroffenheit, Hilflosigkeit, Ratlosigkeit.
Als Zuschauer hat man bei manchen Filmen das Bedürfnis durch die Leinwand zu steigen, dabei und hilfreich zu sein. Aber selbst wenn das möglich wäre, hätte ich mich genauso hilflos gefühlt, wie in meinem Kinosessel. Man kann nichts tun. Bei diesem Film hatte ich das gleiche Gefühl, wie die Figuren im Geschehen: absolute Ratlosigkeit. Es gab nichts, woran ich als Zuschauer meine Hoffnungen hätte hängen können, keinen Schimmer, keinen Hinweis, keine Möglichkeit durch eigenes Zutun irgendetwas an der Situation zu ändern. Sonst kann ich mich leicht an sowas halten - Zwiegespräche mit der Hauptfigur: Hättest Du mal, warum nicht anders etc. Diese gemütliche Altklugheit, die einen wohlig überlegen zurücklehnen lässt. Anders hier.

Diese Film hat mich nachdenklich zurück gelassen.

Schönes Istanbul

Der Webmaster guckt: Hayat var von Reha Erdem (Forum)

Istanbul, Sonne, Meer, Schiffe, tolle Bilder. Und den Rest möchte man, wenn man ehrlich ist, lieber gar nicht wissen. Aber ich weiß die Augen zu verschließen, ist nicht gut. Aber nicht nur aus moralischem Pflichtgefühl, sondern auch, weil mir der Film wirklich gut gefallen hat, habe ich trotz kurzzeitigen Filmausfalls mit unfreiwilliger Pause durchgehalten. Elit Iscan, die mich sehr beeindruckt hat, hat den Film quasi allein und stumm getragen mit vielen tollen, aber auch vielen schlimmen Bildern. Es gibt - soweit ich mich erinnern kann - nicht einen zusammenhängenden Dialog. Jeder spricht so wenig wie möglich und wenn einer mal was sagt, hört keiner hin. All dies vor der herrlichen Kulisse des sonnigen Bosporus.

Könnte ich jetzt bitte, bitte mal wieder was fröhliches oder wenigstens ein Happy End haben ...

Aha. Und wozu das jetzt?

Der Textdoctor guckt: Claustrophobia von Ivy Ho (Panorama)

Manche Filme sind echt langweilig. Da fragt man sich dann gern, warum die überhaupt gemacht wurden. Filme, die die Welt nicht braucht. Nicht mal besonders schlecht, nur eben nichtssagend.

Noch mehr Sex im Kinderprogramm

Der Textdoctor guckt: Cherrybomb von Glenn Leyburn und Lisa Barros D'Sa (Generation 14plus)

Dass Teenager, sich selbst, die Welt und den Sex erforschen, ist ja nichts Neues. Dass es aber mit Sex, Drogen und Gewalt gleich so heftig zur Sache geht, war mir neu. Bei uns war das früher nicht so. Heute dagegen scheint das üblich zu sein. Die Filme mit dem meisten und explizitesten Sex waren Kinderfilme. Nun heißt das Kinderfilmfest der Berlinale schon seit ein paar Jahren nicht mehr Kinderfilmfest, sondern Generation Kplus (für die Kurzen) und Generation 14plus. Kinderfilmfest klang wohl doch zu sehr nach Bullerbü ...

... aber die Kostüme waren echt schön ...

Der Textdoctor guckt: The Countess von Julie Delpy (Panorama)

Französinnen, die ungarische Gräfinnen des 16. Jahrhunderts mit gefaketem amerikanischen Akzent spielen, sind nicht gerade überzeugend. Schon nicht wenn die Dialoge gut geschrieben sind, wenn sie aber so hölzern, wie in diesem Fall sind, wird so ein Film eine geradezu schmerzhafte Erfahrung. Diese - angeblich wahre - Geschichte hätte eigentlich viel Stoff für einen guten Film geboten: Da Botox noch nicht erfunden ist, salbt sich die Gräfin mit dem Blut zahlloser Jungfrauen, um für ihren jungen Geliebten knackig zu bleiben. Der junge Geliebte ist aber eh schon weg, und irgendwann werden die Bauernmägde in der Umgebung knapp ... Soweit so viel versprechend. Jetzt noch ein vernünftiges Drehbuch und Schauspieler aus aller Herren Länder, die sich aber trotzdem auf einen Akzent einigen - dann wäre es bestimmt nett geworden.

Hongkong ist auch nicht mehr das, was es mal war

Der Textdoctor guckt: The Beast Stalker von Dante Lam (Forum)

Manchmal werde ich ganz sentimental. Und auch wenn mein altes Lieblingsgenre, der Hongkong-Polizeifilm, dazu nicht recht passen will, hat es mich doch bei Dante Lams The Beast Stalker erwischt: Obwohl der eigentlich alles hatte, was das Genre verlangt, hat er nicht sehr gut funktioniert. Jedenfalls fand ich mich danach wieder, wie ich dem Webmaster Früher-war-alles-besser-Reden entgegen nörgelte. Damals. Als auf Hongkong-Filme noch Verlass war. In den frühen 90ern. Als die Berlinale noch die Berlinale war und die Ballerfilme nach Mitternacht liefen. Früher.

Flotte Dreier beim Kinderfilmfest

Der Textdoctor guckt: Unmade Beds von Alexis Dos Santos (Generation 14plus)

Altkluges Kind, das ich mal war, habe ich mich nie für Kinderfilme oder -bücher interessiert. Aber natürlich durfte ich nicht alle Erwachsenenfilme sehen. Gewisse Themen hielten meine Eltern für nicht kindgerecht. Ist wohl auch besser so gewesen. Was heute im Kinderprogramm der Berlinale läuft, hätte mir mit 14 bestimmt die Schamesröte in die Ohren getrieben. So sah ich in Unmade Beds, wie ein Junge, der aussah wie 13, ständig in fremden Betten aufwacht und sich nicht erinnern kann, ob er mit den Bettbesitzern Sex hatte, weil er leider immer zu betrunken war. Irgendwann findet er sich dann mit einem jungen Paar, seinen Mitbewohnern, in einen Dreier wieder, was aber weder die Protagonisten des Films noch das hartgesottene Teenager-Publikum der Berlinale überrascht. Ich hatte in dem Alter definitiv andere Probleme ...